Kann man nur zu sich kommen, indem man sich von allem anderen abwendet? Oder findet sich ein Weg inmitten von Alltagsfrust und Arbeitsstress?
Die Philosophie des Weitermachens
Ich habe mich das sehr häufig gefragt. Immer wenn ich völlig verzweifelt vor den Anforderungen des Lebens stand und das Gefühl hatte, komplett festzusitzen. Doch jedes mal kam die leise aber bestimmte Antwort aus dem Nichts: der Weg führt mitten durch das Leben hindurch.
Inzwischen weiß ich, dass Veränderungen im Außen auch Veränderungen in unserm Inneren bewirken. Es ist, wie das Pferd von hinten aufzuzäumen und doch ein richtiges Mittel. Also was ist zu tun?
Der Weg ist das Ziel. Ganz einfach.
Ich habe irgendwann begriffen, dass ich mein Leben lebe, während ich es eben lebe. Es geht nicht anders und es ist nichts falsches daran. Ich bin immer da richtig, wo ich bin, tue das Richtige, denke das Richtige. So lange, bis es nicht mehr richtig ist. Dann tue und denke ich etwas neues. Die Folge davon ist, dass ich immer zufriedener leben kann und trotzdem nicht in altem hängen bleibe. Zu wissen, dass alles seine Zeit hat, ist möglicherweise die wichtigste Erkenntnis, die sich mir jemals aufgedrängt hat.
Das bedeutet natürlich nicht, dass ich selbstzufrieden auf der faulen Haut liege, Stammtischpshrasen dresche oder meine Entwicklung als abgeschlossen betrachte. Ganz im Gegenteil. Das Leben hat sich lediglich mitsamt seinen Herausforderungen auf eine andere Ebene verschoben. Ich werde immer aufmerksamer. Ich beobachte mich, reflektiere und analysiere. Ich kann immer gelassener mit dem umgehen, was sich mir in den Weg stellt und es betrachten. Als etwas, das da sein darf, weil es halt da ist. Dann kann ich es trotzdem hinterher noch in den Allerwertesten treten.
Die Antwort auf eine wichtige Frage
Vor Jahren habe ich mich mal gefragt, ob es einen Schlüssel zu Gottes Geheimnis gibt. Wobei ich mit Gott nicht so sehr das verbinde, was die Religionen als Gott umschreiben. Und hinter seinem Geheimnis vermute ich etwas, das wissende Menschen vor uns Normalsterblichen verheimlichen. Gott ist für mich eher wie der Große Geist der amerikanischen Ureinwohner. Ein Energiefeld, in dem alles vereint ist. Eine Kraft, deren Teil wir sind, deren Ableger. Dieses Feld, das ich als Gott bezeichnen möchte, verfolgt unser irdisches Treiben mit wohlwollender Begeisterung. Uns Menschen ist alles gestattet und wir nutzen das meist schamlos aus. Ich besaß also die Kaltschnäuzigkeit und fragte nach dem Schlüssel zu Gottes Geheimnis. Ich wusste sofort, nachdem mir die Frage in den Sinn gekommen war, dass die Antwort etwas verdammt Simples sein würde. So simpel, dass jeder nur Aha sagen würde, dem ich davon erzähle.
Dann kam plötzlich die Antwort. Sie lautete: Sag ja.
Aha.
Seit dem ist viel Zeit vergangen. In etwa 5 Jahre. Und endlich komme ich dahinter, wie es sich anfühlt Ja zu sagen. Zu dem, was ist, zu dem, was kommt, was im Weg steht, was mich voran bringt, was ätzend ist und was prima ist. Als Folge dessen quäle ich mich nicht länger damit rum, was uns Menschen so abverlangt wird. Ich mache buchstäblich mein eigenes Ding. Ich setze auf Miteinander statt auf Ausgrenzung, auf Kooperation statt auf Konkurrenz und auf Unabhängigkeit statt auf Massentauglichkeit.
Mir kommt die Welt schon lange ein bisschen irre vor. Uns Menschen wird immer was von Bildung und beruflichem Aufstieg erzählt, als wäre das Geld verdienen die Basis allen Lebens. Doch die Natur macht es uns vor: ein Bär baut keinen Käfig für Lachse, ein Apfelbaum sammelt keine Äpfel auf und eine Biene verwertet freiwillig den Zucker, den der Imker gegen ihren hochwertigen Honig austauscht. Ja, ich stelle das etwas polemisch dar, manche würden sagen naiv. Dennoch dient die Natur als gutes Beispiel, wenn es darum geht, wie wir besser leben könnten. Letztlich sind auch wir Menschen natürlich. Wir haben das bloß vergessen. Wir glauben, wir sind so eine Art Sonderedition der Natur. Sind wir auch. Aber wir haben uns möglicherweise ein bisschen verlaufen.
Ein Gott namens Geld
Wir Menschen sind nicht dazu da, einem künstlich erschaffenen Gott namens Geld zu huldigen und ihm unser Leben, unsere Kinder und die komplette Tier- und Pflanzenwelt als Opfer zu bringen. Ich plädiere dafür, aufzuwachen, Ja zu sagen, zu dem was ist und es dann in den Arsch zu treten. Hinaus zu gehen, die durchaus noch vorhandene frische Luft zu atmen und mal Schäfchen zu zählen. Das ist der erste Schritt, um zu sich zu kommen. Nur bewusste Menschen sind im Stande, die Welt zum Positiven zu verändern. Man muss dafür weder Konzernchefin noch Marketingprofi, weder Yogalehrer noch Supermutti sein. Alles ist möglich, nichts muss. Entscheidend ist das eigene Wohlsein, unabhängig vom wirtschaftlichen Faktor. Das Wirken im alltäglichen Wahnsinn ist das Leben; nicht erst die nächste Urlaubsreise. Leute, lasst das blinde Herumrennen im Hamsterrad sein, denn das bringt Euch nicht vom Fleck. Fragt Euch lieber, was Euch als Menschen ausmacht. Wehrt Euch. Geht einen eigenen Weg. Denkt eigene Gedanken. Die Welt wird ein besserer Platz für alle, wenn wir aufhören, den Glaubenssätzen von Marketingprofis, Politiker/innen und Vollpfosten zu folgen. Auch in anscheinend ausweglosen Situationen geht noch was. Man kann raus. Denn wenn man das Spiel einfach über sich ergehen lässt, wird es nur noch schlimmer.
Eine allein erziehende Person, die nicht weiß, wie sie Kinder und Beruf vereinen soll. Eltern, die ihre Familie nur mit mindestens zwei Nebenjobs ernähren können. Junge, talentierte Studierte, die sich mit unbezahlten Praktika rumschlagen. Manager/innen, die sich mit ausgefahrenen Ellenbogen die Karriereleiter rauf arbeiten. Unsere Gesellschaft steckt in einem Kampfmodus. Wer das Leben leicht nehmen will, wird als naiver Idiot abgestempelt und doch wünschen sich alle eine bessere Work-Life-Balance. Deshalb muss jeder Einzelne aufwachen. Weder die Konzernlenker/innen noch die Börsenmakler/innen, noch die Politiker/innen nehmen uns ans Händchen und führen uns ins Paradies. Wir müssen uns schon selbst helfen. Verantwortung übernehmen und raus aus der Komfortzone.
Findet Euren eigenen Weg, auch wenn es sich komisch anfühlt. Geht mitten durch, geht langsam und achtet darauf, wo Ihr hin tretet. Und das Schäfchen zählen nicht vergessen. Denn die haben eindeutig die Ruhe weg.
